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Kapitel 6: Wunddokumentation und Wundbeschreibung

Kapitel 6: Wunddokumentation und Wundbeschreibung

Eine Wunddokumentation ist vorgeschrieben – § 137 SGB V Qualitätssicherung Arztpraxis und Krankenhaus, § 80 SGB XI Qualitätssicherung Pflege, Pflegequalitätssicherungsgesetz (PQsG), Pflegeweiterentwicklungsgesetz (PfWG) – und wird im Rahmen des Wundmanagements durchgeführt.

Als Instrument der Qualitätssicherung und -kontrolle lassen sich Fortschritte, Stagnation und Rückschläge in der Behandlung sicher einschätzen und nachvollziehen, ebenso können Behandlungsmaßnahmen begründet und Therapien angepasst werden. Auch sichert es den Informationsfluß unter Ärzten und Pflegenden und kann verhindern, dass in der nächsten Schicht eine völlig andere Maßnahme ergriffen wird, nur weil eine
andere Pflegekraft die Wunde versorgt. Die Dokumentation der Wunde bzw. deren Versorgung ist auch ein Durchführungsnachweis der angeforderten Maßnahmen (Haftungsrechtliche Absicherung).

Die Wunddokumentation muss schriftlich (Papier oder elekronisch) erfolgen, sie muss datiert und signiert sein,
ebenso aussagekräftig und nachvollziehbar, und möglichst mit einem Wundbild versehen.

 

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Was muss dokumentiert werden?

Name, Vorname und Geburtsdatum des Patienten

Wundart und Wundursache:
Die Diagnosestellung ist Aufgabe des Arztes.

Entstehungsort und -zeitpunkt:
Sofortige Inspektion bei Aufnahme bzw. Wiederaufnahme, sofortige Dokumentation, möglichst mit Bild(ern), Info an Vorgesetzte und den behandelnden Arzt mit Dokumentation.

Wundlokalisation:
Verwenden von schematischen Darstellungen und immer nur eine Wunde pro Dokument.

Wunddauer:
Zeit vom Auftreten der Wunde bis zum aktuellen Assessment.

Anzahl der Rezidive:
Mehrmalige Rezidive können Symptom für eine unzureichende Behandlung der Grunderkrankung sein. Anzugeben sind die Anzahl der Rezidive und die dazwischenliegende rezidivfreie Zeit.

Wundgröße:
Die Wundgröße kann durch die Parameter Form, Länge, Breite, Umfang, Tiefe, Volumen, Fläche und Unterminierung bzw. Tunnel beschrieben werden. Es existieren verschiedene Meßmethoden, z.B. Linealmethode, Tracing mit mechanischer und digitaler Planimetrie, etc.
Bei der Durchmessererfassung mit dem Lineal wird vertikal (Länge, Fuß-Kopfachse) und horizontal (Breite) der jeweils größte Abstand der Wundränder zueinander gemessen, wobei die Achsen im rechten Winkel zueinander stehen.
Bei Taschen, Fisteln und Unterminierungen wird deren Länge und Ausrichtung (nach Uhrmethode) angegeben. Beim Tracing bzw. der planimetrischen Erfassung der Wundgröße wird durch Nachzeichnen auf einer sterilen gerasterten Wundfolie (mit jeweils 1cm² großen Kästchen) und anschließendem Kästchenzählen ermittelt.
Die planimetrische Erfassung kann auch computergestützt mittels spezieller Software erfolgen.
Die Tiefe der Wunde und gegebenfalls vorhandener Unterminierungen wird mit einer sterilen Meßsonde erfasst. Besonderheiten in der Wunde möglichst anhand der Uhr lokalisieren und bei Fotodokumentationen z.B. Position „12:00 Uhr“ vermerken.

Wundgrund:
Der Wundgrund wird immer erst nach der Wundreinigung beurteilt. Angegeben wird die Gewebeart (Granulationsgewebe, Fibringewebe, feuchtes oder trockenes avitales Gewebe, Dermis, Fettgewebe, Muskel, Faszie, Sehne, Knochen) und eine Quantifizierung bezüglich der Wundfläche.

Wundrand und Wundumgebung:
Hautveränderungen wie Mazeration, Entzündungszeichen, Ödeme, etc. müssen unbedingt auch dokumentiert werden. Die Beschaffenheit des Wundrandes kann beschrieben werden mit „gut begrenzt“, „gestanzt“, „diffus“, „unregelmäßig“, „steil“, „kantig“ und „eingerollt“. Weitere Kriterien können sein „abgeheilt“, mehr als 50% des Randes epithelisiert“, „weniger als 50% des Randes epithelisiert“, „haftend“, „keine Epithelisierung“, „nicht haftend“, „unterminiert“, „vital“, „avital“.Hinweise auf Infektionen werden auf der Basis der systemischen klassischen Infektionszeichen abgeleitet und dokumentiert.

Wundgeruch:
Der Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden empfiehlt, lediglich anzugeben, ob Wundgeruch vorhanden sei und diesen nicht näher zu beschreiben, da es sich dabei um eine subjektive Einschätzung handele.

Exsudat:
Das Wundexsudat wird nach Typ (Qualität) und Menge (Quantität) beschrieben:
Qualität:
  - serös/blutig: wässrig, hell, rot bis rosa
  - serös: wässrig, klar, hell, gelblich
  - serös/eitrig: undurchsichtig
  - eitrig: undurchsichtig, gelblich bis grün mit faulem/schlechtem Geruch
Quantität (in Abhängigkeit vom Zeitraum zum letzten Verbandwechsel):
  - kein: abgeheilt oder trockene Wunde
  - kaum: Wundbett feucht, Verband trocken
  - gering: Wundbett feucht, etwas aus dem Verband austretend
  - moderat: deutlich flüssig im Wundbett und > 50% des Verbandes durchnässt
  - reichlich/massenhaft: der Verband ist mehr als erschöpft

Wundheilungsphase:
(- Hämostase)
  - Exsudationsphase
  - Granulationsphase
  - Epithelisierungsphase
(- Remodellierung)

Infektionszeichen:
Dolor (Schmerz) - Calor (Wärme) - Tumor (Schwellung) - Rubor (Rötung) - Functio laesa (Funktionseinschränkung)
Normal sind lokal und zeitlich begrenzte Infektionszeichen innerhalb der Exsudationsphase.

Verwendete Produkte:
Desinfektions- bzw. Spüllösung, Hautschutz, Primärverband, evtl. Sekundärverband (Abdeckung), Fixierung

Fotodokumentation:
Die Bilddokumentation veranschaulicht die Wundbeschreibung (ist aber nicht gesetzlich vorgeschrieben) und sollte immer erst nach der Wundreinigung erfolgen. Achten Sie auf immer gleiche Lichtverhältnisse, gleichen Abstand (ca. 30 cm) und gleichen Winkel. Fotografieren Sie möglichst ohne Blitz. Die Wunde sollte ca. ein Drittel des Bildes einnehmen und die
Körperstelle sollte erkennbar sein. Anonymität und Intimspäre muss gewahrt sein. Kleben Sie das Wundlineal in zwei Ebenen auf. Lassen Sie sich vor jeder Fotodokumentation eine schriftliche Einverständniserklärung des Patienten geben.

Remonstration:
Erheben Sie unbedingt Einwand bei Therapieanordnungen, die gegen geltende Behandlungsstandards verstoßen. Fragen Sie zuerst freundlich beim Verordner nach, danach schriftlich oder per Fax. Vermerken Sie dies in der Pflege- bzw. Wunddokumentation und informieren Sie Ihren Vorgesetzten.

Die schriftliche Wunddokumentation sollte nach jedem Verbandwechsel, spätestens aber wöchentlich erfolgen.

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